Tobias Berghoff

2012-February-05

Wie ich zum Fiat 138A kam...

Wie so oft, also unspannend, unspektakulär fing es an: meine Mutter fuhr damals, als ich ein Kind war, einen kentgrünen, 3-türigen Ritmo 75 CL, Baujahr 1979.
Ich erinnere mich an den Geruch des Innenraums, an die Farbe der Innenausstattung, und daran, daß er Ausstellfenster hinten hatte, das machte immer Spaß, damit zu spielen, auf, zu, auf, zu.
Bei Opas C-Kadett Limo (Standardmodell) ging das nämlich nicht, schade ;-)
Im Gegensatz zu Opas C-Kadett hatte der Ritmo auch einen Spitznamen, aber ob das für ihn spricht? - „Rostlaube“
So lernte ich also schon früh (wir hatten diesen Ritmo nur bis 1989) einige der typischen Schwachstellen kennen: Vorderkante Motorhaube, Abschlußkante Heckklappe und zum TÜV 1987 wurde unter den Beifahrerfußbraum noch ein Blech drunter geschweißt.
Das Nummernschild hat sich auch eingeprägt: HSK – J 8619, also wenn jemanden das irgendetwas sagt, bitte dringend bei mir melden!
Aus dem Kofferraum diese Autos hob sie irgendwann Bauteile für eine Modelleisenbahn und auch einen Teddybär, als ich 4 Jahre alt war und krank, den Teddy gibt es heute noch. Das Auto wohl nicht mehr ;-(
So fings also an; als Mama dann 1989 einen silbernen (gähn) Fiesta (doppelgähn) kaufte, war das dann eben so, aber den Ritmo habe ich nie vergessen.
Irgendwann dachte ich: „später kauft du die auch mal so einen“, erste Serie natürlich. Genau einen in dieser coolen Farbe, kentgrün zu finden, ist schon schwierig, Dreitürer außerdem. Aber immerhin ein Ritmo der ersten Serie, das wäre ja was.
Tja...2004 bin ich fündig geworden; zu einem akzeptablen Preis kaufte ich in Augsburg einen bronze-metallic-farbenen 5-türigen 75 CL, dessen TÜV gerade abgelaufen war von einem Künstler, der das Auto mehr als Kunst- und Stilobjekt denn als Auto aufgefaßt hatte.
Als ich den hatte, war ich glücklich.
Dann fiel mir aber ein: Hey, was wäre, wenn mal etwas wirklich Wichtiges kaputt wäre? Und, angenommen, das Teil, was dann defekt wäre, gäbe es nirgends mehr, nicht für Geld und gute Worte? Das wäre ja....grauenvoll!
Also hielt ich weiter (wie übrigens bis heute) die Augen auf, man weiß ja nie, was der Markt so her gibt und mit etwas Glück, muß das ja nicht mal teuer sein...
Hm...ich ersteigerte also einen silbernen 75 CL 5-türig von 1980. Ich hatte nur das bescheidene Mindestgebot abgegeben und dahcte: wenns klappt, klappts und wenn nicht – auch egal. Es klappte, ich hätte es nicht gedacht. Der Motor läuft traumhaft und der Vorbesitzer hatte eine nette Geschichte zu erzählen: er selber hatte das Auto direkt auf einem Schrottplatz gekauft. Für kleines Geld, da nach Aussage des Schrottplatzbesitzers der Motor fest= defekt sei.
Als der Vorbesitzer dies dann in der heimatlichen Werkstatt genauer unter die Lupe nahm? - genau, stellte sich heraus, dass der komplette Brennraum des Motors mit Motoröl gefüllt war, um diesen zu konservieren. Öl entfernt, Motor fit gemacht – und da lief er wieder!
Fast überflüssig zu erwähnen, daß ich seitdem ich dann 2 Ritmos hatte, auch die Augen aufhielt nach Ersatzteilen und Prospekten, wer weiß, was gerade jemand unbedingt loswerden möchte, oder was es, siehe oben, dann, wenn mans braucht, für Geld und gute Worte nicht mehr gibt.

Ich mag außerdem grundsätzlich Autos, die eine ganz karge Ausstattung haben. Ist komischerweise ein sehr angenehmes Gefühl für mich, ein solches Auto zu sehen oder gar zu haben.
Hmm...der nächste logische Gedanke war daher: ein Ritmo mit weniger Ausstattung dran, das wäre auch mal eine Idee. Also ein Ritmo 60 ; idealerweise ein 60 L, dreitürig, erste Serie [Ritmos 2. und 3. Serie empfand ich bis dahin nur als seelenlose, verwechselbare Massenware, braucht keiner, ich jedenfalls nicht].
So etwas war nicht einfach zu finden, denn entweder waren die meisten Ritmos, die überlebt haben, 75er. Oder aber es war schon die meistverkaufte Motorvariante und deswegen gabs so viele davon und soo selten mal einen 60er.
Oder aber es gab zwar ein solches Auto, aber ich war mal wieder zu geizig, um einen marktüblichen Preis dafür zu bezahlen.
Am Ende lief es auf einen Kompromiss raus: ich erwarb nach zähem Verhandeln einen 1982er 60 CL 5-türig; Anlasser defekt (mindestens), offiziell als Teileträger deklariert. Bei der Gelegenheit lernte ich auch schon die Unterschiede des 1981er Facelifts kennen (Embleme, Scheiben, Spiegel anders). Das Auto hatte allerdings einen 75-PS-Motor eingebaut, könnte man aber theoretisch zurückrüsten.
Immerhin war es mal das, was ich gesucht hatte, nämlich ein 60-PS-Ritmo 1. Serie.
Spaßeshalber – ich erwartete nicht wirklich, fündig zu werden, aber man weiß ja nie...weitete ich meine Sucherei aus auf? Ritmo 1. Serie Diesel.
Daß es sowas gegeben hat, finde ich bemerkenswert. Die Konkurrenz hat mitunter im Vergleich zu Fiat geschlafen: einen Opel Kadett D Diesel gab es z.B. erst ab Herbst 1982 – in der Zeit hatte Fiat schon 2 Jahre lang gemütlich Zeit, viele 1000 Dieselritmos zu verkaufen.
Tja, Internet sei Dank, stieß ich tatsächlich auf ein solches Auto. Zwar in Frankreich, aber nah an der deutschen Grenze. Karosse=mies (Schweller, Radläufe, Türen mindestens); leider ne AHK montiert, aber hey, was solls, es ist ein echter fahrbereiter Ritmo Diesel CL, wo gibt’s sowas schon?! Mit allen möglichen Belegen seit 1981 dabei, schön!
Beim Abholen dieses Autos nahm das Verhängnis seinen Lauf: eigentlich hatte ich zu dem Zeitpunkt gedacht: was soll es noch geben, was dich an Ritmos interessiert? Sowas Ähnliches wie Mamas Auto hast du; etwas fast ganz karges (60 CL) hast du, einen Diesel ist vorhanden. Was noch? Nix weiter. Und sportliche Autos waren eh nie mein Fall, 85 PS im Ritmo kämen mir schon übermotorisiert vor.
... der Verkäufer des Dieselritmo gab mir einiges an französischer Ritmo-Literatur dazu. Ich kann die Sprache nicht wirklich, habe aber trotzdem mal etwas darin herumgeblättert.
Was mußten meine entzündeten Augen dort sehen?
Fiat Ritmo Lieferwagen. Vehicule de 2 places, das konnte ich grad noch übersetzen und daß bauartbedingte Klein-Lkw Steuervorteile genießen und daß viele Hersteller solche Autos gebaut haben, wußte ich.
Aber Fiat? Ritmo? Lieferwagen?
Gab es!
Ach!?
Hmm, mal die Augen aufhalten, ist zwar noch unwahrscheinlciher, sowas zu finden als einen Dieselritmo 1. Serie, aber...

Der geneigte Leser wird es bereits vermutet haben: ich habe tatsächlich einen ausgegraben! Zwar ein Auto der dritten Serie, ein 60 CL 3-türig. Aber es ist ein echter, also nicht nachträglich umgebauter Ritmo Lieferwagen mit halbhoher Laderaumtrennwand ab Werk. Aber mit hinteren Seitenscheiben, in Frankreich stand das 1986 einer Zulassung als Klein-Lkw nicht im Wege. Ist auch belegbar, da das Auto seitdem nur exakt einen Besitzer hatte. Der war übrigens froh, daß ich kam, denn seit Monaten (!) hatte er keinen Interessenten für sein Auto gefunden.
Daher konnte ich glatt den Abholtermin auf „in einem halben Jahr=nach dem Winter“ optimieren und sogar den Preis noch ein Häppchen herunterhandeln. Andererseits: wer fährt schon für einen rostigen Fiat ins südliche Südfrankreich?! Ich, sonst keiner, genau.
Dieses Auto habe ich also 2010 an Land gezogen und dachte eigentlich, jetzt wäre dann aber mal endgültig Ruhe.
Auch das nicht wirklich, denn der Verkäufer meines zweiten Ritmo meldete sich (er hatte zu dem Zeitpunkt ca. 8 Ritmos) und teilte mit, daß er seine Autosammlung aufzulösen gedenke. Ob ich nicht an einem der Autos interessiert wäre?
An für sich nicht. Oder sehr sehr günstig, so meine Antwort. Die Zeit half mir dann etwas, einen Kompromiss zwischen Käufer und Verkäufer zu erreichen. Ich mag ja karg ausgestattete Autos und einen Ritmo 60 L hatte ich bis dato nicht. Hier stand nun ein 1985er 60 L 5-türig der zweiten Serie zum Verkauf.
Pluspunkt für mich: endlich ein „L“. Mit diesem komischen 2-Augen-Gesicht (ich mag das übrigens). Daß es „nur „ zweite“ Serie war, habe ich in Kauf genommen, aber inzwischen, sehe ich das nicht mehr so, sondern mag Ritmos, egal ob 1., 2. oder 3. Serie.
Tja, im Laufe des Jahres 2010 hab ich mich noch etwas bereden lassen, vom selben Verkäufer eine weitere absolute Bautelle zu übernehmen: ein Auto, das mal ein 1980er 60 CL war (habe ich schon), aber: 3-türig. Kommt Zeit, kommt Geld, kommt Wiederaufbau, so jedenfalls die Theorie.
Und mir sprang auch in 2010 noch ein 1987er Ritmo 60 L dreitürig vor die Nase. Ich hatte den als Ersatzteillager für sowohl den 1986er Lieferwagen 60 CL als auch den 1985er 60 L 5-türig gedacht, er war noch viel rostiger als er billig war (und er war sehr billig) – inzwischen tut es mir schon wieder leid, so eine seltene Motor-Karosserie-Ausstattungs-Kombination hinzurichten. Und auch wenn man das der Karosserie absolut nicht ansieht, hat das ganze Auto erst 47.000 km gefahren.
Schließlich fand eine weitere Ritmo-Geschichte auch 2010 ihren Abschluß:
seitdem ich mich mit Ritmos und Prospekten beschäftige, kenne ich auch einige Sondermodelle. Einige sind ganz reizvoll, andere weniger, wie das eben so ist.
EINES von allen sticht für mich aus der Menge der Sondermodelle absolut heraus:
Targa Oro. Aber, ebenso wie beim Diesel oder Lieferwagen: finde mal einen!...seit einigen Jahren war immer mal wieder ein solcher durchs Internet gegeistert. Mal in Frankreich, mal in Belgien, mal stand er zum Verkauf, mal war er schon verkauft. Mal war er im Internet zu finden, mal wieder nicht. Alles recht ominös. Als er dann nach geschätzten 3 Jahren, in denen ich mich mal wunderte und mal auch wieder nicht, wieder mal auftauchte, habe ich dem Verkäufer einen Vorschlag unterbreitet, auf den er einging, 2010 konnte ich einen Targa Oro mein eigen nennen. Mit 65 PS Motor, hatte ich zwar nicht gezielt nach gesucht, hatte ich bis dato aber auch nicht nicht, schöner Zufall.
Leider fehlen die echten Targa Oro Sitze, also wenn jemand da beim Keller aufräumen gerade etwas findet...wäre ich interessiert.

JETZT reichts aber, genug Ritmos und genug potentielle Arbeit vorhanden, sollte man meinen.
Und das nur, weil Mama damals, 1981, einen kostengünstigen Gebrauchtwagen suchte...